“Im vergangenen Jahr ist die deutsche Wirtschaft um knapp 5% geschrumpft. Geht es uns deshalb auch 5% schlechter?” Mit dieser Frage und anderen im Themenbereich “Beyond GDP” beschäftigten wir uns auf unserer Frühjahrestagung in der evangelischen Bildungsstätte auf der Berliner Insel Schwanenwerder. Mit zwei von uns eingeladenen Referenten diskutierten wir über die Eignung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) als Wohlfahrtsindikator und über alternatie Indikatoren.
Roland Zieschank von der Forschungsstelle für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin, sieht das BIP als nicht geeignet, um gesellschaftliche Wohlfahrt abzubilden, da verschiedene Komponenten der Wohlfahrt nicht oder inadäquat berücksichtigt würden. Stattdessen plädiert er für die Ergänzung des BIP durch einen alternativen Indikator zur Wohlfahrtsmessung, dem von ihm und dem Heidelberger Professor Hans Diefenbacher entwickelten Nationalen Wohlfahrtsindex (NWI). Dieser benutzt als Basiswert nicht das BIP, sondern den privaten Verbrauch, und justiert diesen durch die Einbeziehung vernachlässigter Wohlfahrtsleistungen, nichtberücksichtigter Umweltschäden und Einkommensverteilung. Der zweite Referent, Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegeldes Fachbereiches Betriebswirtschaft der Georg-Simon-Ohm Hochschule Nürnberg äußerte eine Grundsatzkritik am Menschenbild des Homo Oeconomicus. Seiner Meinung nach wurden wichtige Annahmen (Rationalität, Egoismus, Zeitkonsistenz) dieses Menschenbildes wiederholt wiederlegt. Das BIP, das auf der Grundlage dieses Menschenbildes konzipiert wurde, kann somit aus seiner Sicht nicht als Wohlstandsindikator dienen. Vielmehr sollten für Wohlfahrtsmessung alternative Indikatoren hinzugezogen werden, die Einkommensverteilung, subjektives und objektives Glück sowie Nachhaltigkeit messen.